Seile und Rollen

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Nach dem Zwischenfall in der Taverne, die jetzt nur noch eine verbrannte Ruine war, ließ man sie erstmal in Ruhe. Das war gut, denn Gavín hatte aufgrund Sillana die zündende Idee gehabt.

In der Prüfungsordnung stand, dass man - aufgezeichnet in der verzierten Schriftrolle - einen  Projektplan erstellen sollte, worin Materialien, Budget, Aufwand und Arbeitsstunden aufgezeichnet werden sollten. Außerdem, was das Projekt sein würde, wie der Prüfling auf das Projekt gekommen war und was er sich davon erhofft. Oder sie.

Also war Gavín dazu gezwungen, Nachforschungen anzustellen und die tätigte er selbstverständlich in der Bibliothek. Es gab tatsächlich einen nicht gerade kleinen Bereich, in denen die Projekte aufbewahrt wurden, die von der Universität nicht nur abgenommen, sondern auch übernommen worden waren. Und darauf wollte Gavín hinaus.

Alle andere Projekte, die nicht übernommen worden waren, wurden in einer schier endlosen Liste geführt mit einer Kurzbeschreibung, ihres Preises, den prüfenden Meistern und dem Namen der Person, welche das Projekt durchgeführt hat. Auch das war eine sehr hilfreiche Information, mit der Gavín arbeiten konnte.

Einerseits zeigte es ihm die Preisspanne, in der er sich bewegte, andererseits aber auch, gegen was für Projekte er antreten musste und das war sehr ernüchternd. Da kam er sich sehr unzulänglich vor, aber Sillana bestärkte ihn, denn es ging nicht nur darum, dass die Universität ihn in höchsten Tönen loben würde, sondern auch um Geld, Prestige und seinen Beitrag zur Gemeinschaft der Archäologen, die ihm mittelfristig wahrscheinlich sehr dankbar sein würden.

Falls er nicht durchfiel. Oder sein Projekt nicht nützlich genug.

Also recherchierte Gavín. Wochenlang, in jeder freien Minute. Er vernachlässigte ein wenig sein Studium, seine Ergebnisse blieben aber konstant, was ihm etwas Luft verschaffte. Die Strafarbeit in den Laboren wurde aufgrund der Prüfungen nicht aufgehoben.

Mit der Erlaubnis des Dekans durfte er die stillgelegte Werkstatt benutzen, allerdings nur unter Aufsicht und da kam ihm Gÿndil sehr recht. Der Zwerg war einer der Studenten und ein Felsenarm, daher nur wenige Monate länger in der Universität als Gavín.

Gÿndil erklärte sich bereit, gegen eine kleine Aufmerksamkeit die aufgewendete Freizeit entlohnen zu lassen. Durch seine Botengänge konnte Gavín es zwar nicht auffangen, aber der Strom an Münzen wurde dadurch etwas geringer.

Thabo kam auch hin und wieder dazu. Gavín mochte den regelkonformen, netten, jungen Mann, den sich Sillana ausgesucht hatte. Er schien ihm durchaus gescheit zu sein und dumm war er auch nicht. Die drei hatten es sich irgendwann zum Ritual gemacht, abends zum Engel zu beten und gerade Sillana kannte das Buch der Farben in- und auswendig.

Gavín und Gÿndil hatten auch ihren Spaß. Der Zwerg half dem Menschen bei der Erschaffung von Gussformen, bei den Probeläufen und bei der magischen Theorie und schmiedete ihm sogar die Werkzeuge, die Gavín benötigte.

Das zählte alles noch nicht in das Projekt rein, denn es war nur die Vorbereitung und die Beträge für Gÿndil und das Material zahlte Gavín aus eigener Tasche. Er sah es als Investition und gerade tat es ihm auch nicht sonderlich weh, schmälerte seinen Bestand aber dennoch beträchtlich.

Dann kam der Tag, an dem er seinen Projektplan schrieb und sich mit Gÿndil beriet, was Werkstoffe, Verbundmaterialien, Aufwand und Tests anbelangte. Dadurch, dass das alles als Prototyp dargestellt wurde, konnte Gavín den Preis etwas höher setzen und landete bei der Ersterstellung bei drei Golddeut. Das war keine kleine Summe und Gavín notierte ebenfalls, dass er in der Massenherstellung einen deutlich geringeren Preis erwarten würde, der etwa bei zehn Silberdeut liegen sollte.

Die ersten Tests verliefen... interessant, könnte man sagen. Nach einem Monat voller Fehlschläge, Raten von Runen, weiteren Forschungen und einem Aufenthalt in der Medica war der Prototyp fertig, einsatzbereit und funktionierte wie erwartet.

Gavín lud Gÿndil auf eine durchzechte Nacht ein, was der Zwerg auch nahezu schamlos ausnutzte, der Druide gönnte es ihm. Die schriftlichen Prüfungen begannen zwei Tage nach dieser Nacht und wirklich bereit fühlte sich Gavín dafür nicht, von den Kopfschmerzen und der ständigen Sorge um Sillana und Sergius beziehungsweise einen erneuten Angriff von Sergius mal abgesehen.

Die zwei Wochen der Prüfungen überstand Gavín in einer Art kaffeegetränktem Rausch und schlief dann fast eine Woche nur noch. Sillana schimpfte wieder mal mit ihm, denn eigentlich müsste er es als Druide schließlich besser wissen. Recht hatte sie, aber niemand hatte ihn als Druide darauf vorbereitet, in zwanzig Tagen fünfzehn Prüfungen zu schreiben.

Danach fühlte er sich sehr ausgelutscht und das leider nicht auf eine gute Weise. Da er auch kein Geld für etwaige Personen des horizontalen Gewerbes ausgeben wollte und er sich auch nicht darum bemüht hatte, irgendeine Art von Beziehung aufzubauen, gab es in der Hinsicht auch keinen Trost.

Die Zeit der Abgabe des Projektplans nahte und Gavín gab den Plan bei Meister Logan ab, der die verzierte Hülle versiegelte und in einen Schrank legte, wo der Plan bis zum Tag der Prüfung liegen würde.

Dadurch, dass es keine Prüfungen und Vorlesungen für ein paar Wochen gab und Gavín nur auf den Termin für seine Projektprüfung wartete, stromerte er durch die Universität und Erdhawyrst selbst. Insgeheim hoffte er, auf Amara zu treffen oder eine milde Seele, die sich mit ihm die Zeit vertrieb, aber das war leider nicht der Fall. Immer öfter ging er in den Tempel von Lanialellara, las das Buch der Farben oder versuchte sein Wissen zu vertiefen rund um lokale Gewächse und Kräuter.

Die wenigen Botengänge brachten ihm etwas Geld ein, welches er in neue Materialien, Phiolen und generelle Verbesserungen wie das Flicken von Rissen in der Kleidung investierte. Garn war jetzt nicht teuer, aber er wollte so wenig wie möglich an die Golddeut gehen, die in der Universität als Teil seines Beitrags lagen.

Und selbstgemacht war doch eh immer am besten, oder?

Der Tag der Prüfung kam und Gavín wurde in einen der Vorlesungsräume zitiert. Dort saßen Meister Logan, Meister Halivar, Meister Sanderae und Meisterin Gwynevere. Gavín hatte insgeheim etwas auf Meister Roland gehofft. Offenbar war den Meistern das auch klar gewesen.

"Meisterin, Meister, Meister, Meister." Gavín verneigte sich vor den Personen, sprach Gwynevere als Erste an. Meister Logan hatte die versiegelte Schriftrollenhülle vor sich.

"Master Gavín." Logan begrüßte ihn mit einer Handbewegung. "Braucht Ihr irgendetwas für Eure Vorführung?"

"Nein, Meister. Ich habe alles dabei." Er klopfte auf das dicke Hanfseil, was er um den Oberkörper über seiner Robe trug, und auf das, was er in seiner Ledertasche trug. Es klapperte metallisch.

"Wohlan denn. Seid Ihr bereit?"

"Ja, Meister. Wie läuft das hier ab? Das stand nicht in der Prüfungsordnung."

"Ihr erzählt frei heraus, um was es bei Eurem Projekt geht, stellt es uns vor und wir bewerten Euch dann hinter verschlossenen Türen. Euren Projektplan werden wir uns dabei anschauen und bewerten, wie weit Ihr abgewichen seid."

"Ich verstehe." Er verneigte sich wieder. "Ich würde dann anfangen."

"Bitte." Meister Logan streckte ihm einladend die Hand hin. "Das sind Eure dreißig Minuten."

"So lange werde ich nicht brauchen." Gavín ließ das schwere Seil von der Schulter gleiten. "Ihr sagtet mir, das Projekt muss der Gemeinschaft zugute kommen und, im besten Fall, auch der Universität.

Ich bin ehrlich, nachdem ich mir die Abteilung angeschaut habe, wo die übernommenen Projekte lagerten, bin ich fast verzweifelt."

Sanderae schnaubte, die hochnäsigen Augen abschätzend auf Gavín gerichtet.

"Aber", Gavín hob einen Finger, "meine Schwester brachte mich auf eine Idee. Sie sagte, ich solle aus der Vergangenheit lernen."

Das war zwar nicht ganz richtig, aber erfüllte seinen Zweck.

"Und was sind wir? Archäologen. Gerade wir lernen aus der Vergangenheit, in dem wir Bücher lesen, mit Leuten reden oder uns durch entweder zerfallene oder staubige Ruinen hangeln."

Alle Meister nickten nacheinander.

"Das Problem ist meist, zumindest habe ich es so aus Berichten recherchiert, dass es viel zu große Höhenunterschiede gibt, die man mit Seilen und Muskelkraft überwinden musste." Jetzt griff der Druide in seine Tasche und holte eine handgroße Metallscheibe hervor, die stark an eine Umlenkrolle erinnerte. "Vielleicht habe ich hier eine Antwort auf das Problem der Muskelkraft gefunden."

Damit legte er sein Projekt vor Meister Logan auf die Tischplatte. Das Eisen war poliert worden und übersät mit feinsten Runen.

"Ihr... habt uns eine Umlenkrolle gebracht?", fragte Meister Sanderae ungläubig und mit etwas Verachtung in der Stimme. Sehr geringschätzig.

"So etwas in der Art. Es ist ein selbstständiger Seilzug."

"Äh wie bitte?" Meister Halivar rückte näher.

Gavín lächelte schmal. "Ihr seht die horizontalen Aussparungen?" Sie nickten. "Dort könnt Ihr eine Halterung anbringen, wenn Ihr das wünscht. Es ist so konzipiert worden, dass es durch die Eigenbewegung Energie erzeugt, aufnimmt und weitergibt und mit dem Hebel an der Seite könnt Ihr die Richtung bestimmen. Oder sogar ganz stoppen, falls gewünscht."

Meister Logan nahm das Gerät in die Hand und führte es nahe an seine Augen, um die feinen Runen entziffern zu können.

"Master Gavín", begann er leise, "diese Runen habe ich Euch nicht gelehrt."

"Nein, Meister."

"Woher habt Ihr diese Runen dann?"

"Aus einem Buch."

"Wollt Ihr es uns erzählen?"

"In kurz? Ich habe zwei Jahre in Methellona gelebt, da lernt man einiges, wenn man es wünscht. Und mein Wunsch war groß, denn ich wollte an der Universität studieren."

"Ich verstehe. Ich nehme an, in Eurem Projektplan sind die Einzelheiten und Baupläne enthalten?"

"Bis aufs Zehntel Milligramm. Für den Prototyp würde ich drei Golddeut berechnen, in der Massenproduktion könnte der Preis auf zehn Silberdeut fallen, vielleicht sogar noch weniger."

Halivar schaute Gavín als, als würde er erzählen, dass der Engel zu ihm gesprochen hatte. "Master Gavín, das sind Kampfpreise. Und Ihr habt es uns noch nicht vorgeführt und auch nicht erklärt."

"Meisterin?" Gavín wandte sich an Gwynevere. "Würdet Ihr einen Blick riskieren wollen?"

"Ja, zeig mal her, Logan." Sie nahm ihm den Seilzug ab, begutachtete ihn von allen Seiten und grinste dann. "Ja, das ist eine sehr kluge Konstruktion. Das sollte so funktionieren."

Sie reichte Gavín den Seilzug wieder, der das Hanfseil abrollte und eines der Enden über die Rolle schob.

"Wie gesagt, das Problem der Muskelkraft ist eines, welches nicht leichtfertig angegangen werden sollte. Nur, wenn man an einem Seil hängt, vielleicht sogar über einem Abgrund oder unter einer Decke, dann hat man sicherlich nicht noch die Ressourcen, um sich um die Fortbewegung zu kümmern. Damit möchte ich nun etwas Abhilfe schaffen." Er bewegte die Rolle etwas hin und her, was fast lautlos gelang. "Ihr könnt sie so benutzen, gar keine Frage. In der Nullstellung", er stellte den Hebel auf die "0" am unteren Ende, "interessiert es den Seilzug nicht, was Ihr tut.

Aber wenn Ihr den Hebel auf die aktive Stelle setzt, wird es interessant." Gavín tat es, irgendetwas klackte leise und im Inneren des Gehäuses leuchtete kurz etwas auf, bevor die Rolle sich erst langsam, dann rasend schnell drehte und das Seil über die Rolle sauste, als hätte es einen wichtigen Termin verpasst.

Gavín stellte den Hebel auf das punzierte "B". Das Seil kam sirrend zum Halt. Mit einer kleinen Bewegung des Fingers schwang der Hebel auf die andere Seite und das Seil zischte in die entgegengesetzte Richtung davon, wo Gavín es sich auch abrollen ließ, bis er den Hebel wieder in die neutrale Position stellte und den Meistern den Seilzug auf den Tisch legte.

"Und wie funktioniert es?" Gavín tippte auf das Gehäuse, in dem die Rolle steckte. "Es ist kugelgelagert. Keine Neuerung, aber hilfreich. Der Hebel stellt eine Verbindung mit den Runen im Inneren her. Ihr könnt sie durch die Bereiche an den Seiten sehen.

Diese Runen nutzen Wärme, um sie in Magie umzuwandeln, die schließlich auch eine Art von Energie ist."

"Wie lange habt Ihr dafür gebraucht, um allein diese Umwandlung zu bewerkstelligen?" Sanderae lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. "Einfach kann es nicht gewesen sein."

"War es nicht, Meister." Gavín zog die Stirn kraus. "Drei Monate etwa. Mir war nicht bewusst, dass einige der Lampen eine ähnliche Art der Umwandlung nutzen und habe sie mir näher angeschaut. Danach war es... nicht einfach, aber im wahrsten Sinne des Wortes einleuchtender."

Gwynevere schmunzelte. Gavín fuhr fort.

"Mit der gespeicherten Energie kann dann entschieden werden, ob man sich bewegen will oder nicht und wenn ja, in welche Richtung.

Ja, die Energie verfliegt nach einer Weile, denn es geht hier hauptsächlich um Wärme. Die Wärme wird auf zwei Arten erzeugt und zwar einmal über die Bewegung beziehungsweise die Reibung des Seils über die Rolle und durch die Drehung der Rolle über das Kugellager. In Kurzform: wenn Ihr einmal kräftig an der Rolle dreht, habt Ihr genügend Energie für den Start."

Insgeheim hatte sich Gavín bereits mehrfach darüber gewundert, warum niemand vorher auf diese Idee gekommen war.

"Natürlich wird die Rolle auch warm und behält einen Teil der Energie für eine gewisse Zeit, aber Tests haben ergeben, dass es wirklich lange dauert, bis soviel Hitze erzeugt wurde, dass es unangenehm wird."

"Warum?" Halivar schaute wieder hoch. "So schnell verfliegt Hitze nicht."

"Durch einen eingebauten Hitzeschlucker schon.", lächelte Gavín. "Dieser sitzt unter der Querverbindung. Vielleicht etwas übertrieben in der Anwendung, aber ich konnte nicht herausfinden, wie ich die Kältezufuhr so reguliere, dass es das Eisen nicht völlig einfriert. Was übrigens auch ein Kostenpunkt für eine Einsparung wäre. Drei Silberdeut, maximal, je nach Ausgangsmaterial des Hitzeschluckers. Zugegeben, die Menge an Hitze, die er schlucken kann, ist begrenzt, aber vorher gab es diesen Seilzug auch nicht."

Sanderae schien nicht begeistert zu sein, vermutlich, weil er sich ärgerte, dass nicht einer "seiner" Schüler auf die Idee gekommen war oder er selbst. Die anderen erschienen Gavín aber erstmal neutral, was gut war.

"Möchtet Ihr noch etwas ergänzen?", fragte Meister Logan, nachdem er den Seilzug ausgiebig von allen Seiten begutachtet und die anderen Meister sich Notizen gemacht hatten.

"Hm... eigentlich nur eine Sache. Ich hatte darüber nachgedacht, ob man die Einfassung dynamisch gestalten könnte mit Federn, um verschiedenen Seilen gerecht zu werden, aber ich fand, dass es sowieso schon genug mögliche Schwachstellen gab, da braucht es nicht nach federgestützte Aufhängungen."

"Verstehe, vielen Dank. Bitte, wartet draußen, während wir uns beraten. Wir rufen Euch."

"Ja." Gavín verneigte sich, rollte das Seil im Gehen auf und hing es sich über die Schulter. Vor der Tür waren mehrere Stühle hingestellt worden. Auf einem davon saß Sillana, die Beine überschlagen, die Arme verschränkt.

"Da bist du aber schnell wieder raus.", meinte sie mit hochgezogener Augenbraue. "War es so schlimm?"

"Nein, gar nicht. Sanderae schien nicht angetan, aber ich glaube mittlerweile, er ist von gar nichts angetan. Sind alle Hochelben so?"

"Woher soll ich das wissen?" Sie zog ihn neben sich auf den Sitz. "Los, erzähl, um was geht es bei deinem Projekt?"

Gavín erzählte und saß irgendwann einer Sillana gegenüber, die ihn mit großen Augen anschaute, als hätte sie einen Geist gesehen.

"Das ist großartig.", hauchte sie. "Selbst, wenn sie es nicht nehmen, du könntest damit ein eigenes Geschäft eröffnen oder es an jemanden verkaufen."

"Oder selbst nutzen. Siehst du irgendeinen Grund, warum sie es nicht nehmen würden?"

"Zu hohe Kosten." Sie schmunzelte trotzdem. "Aber selbst wenn es nur einige wenige Exemplare sind, du hast genau das erreicht, was du erreichen wolltest."

"Da magst du Recht haben. Nur gerade fühlt sich der Aufwand gemessen an dem Ergebnis irgendwie zu groß an."

"Ah. Wie lange hast du daran gesessen?"

"Mit Vorbereitung und Recherche?" Sie nickte. "Ein halbes Jahr?"

"Was?", rief Sillana aus. "Was ist denn da alles reingeflossen?"

"Gussformen, neue Werkzeuge, Gÿndil bezahlen, Botengänge, Stunden in der Bibliothek, lernen für die Prüfungen... du hast mich doch gesehen!", rief er entgeistert aus.

"Ja, aber ich konnte doch nicht ahnen, dass es so schlimm ist!"

"War es aber." Gavín sackte auf dem Stuhl zusammen und fuhr hoch, als die Tür sich öffnete. Meister Logan stand im Türrahmen und bat Gavín hinein. Sillana wünschte ihm stumm viel Glück und Gavín trat wieder in den Vorlesungsraum, der bedeutend kleiner war als die Säle.

"Master Gavín." Halivar stand auf, in den Händen den Prototypen und die mittlerweile nicht mehr versiegelte Schriftrollenhülle. "Wie Ihr wisst, besteht unsere Bewertung aus den drei Teilen Präsentation, Nutzen und Ausführung. Euer Projektplan fließt in alle drei Bereiche ein.

Zuerst die Präsentation." Der sonst so quirlige Mann stand kerzengerade vor Gavín hinter dem Tisch, dennoch schmunzelte er kurz. "Kurz, knapp, knackig, wie es so schön heißt. Eindrucksvoll und sehr effektiv. Kann man gar nicht anders sagen. Es fehlte ein kleines Stück Dramatik, aber davon wollen wir nicht reden. Volle Punktzahl, darin waren wir uns einig.

Der zweite Teil bezieht sich auf den Nutzen. Umlenkrollen und Seilzüge gibt es haufenweise, aber bisher ist noch niemand auf die Idee gekommen, sie so einzusetzen. Mit Magie, sicherlich, das bedeutete aber immer, dass ein Magier oder ein magischer Vorrat mitgebracht werden musste. Teuer, aufwändig, teilweise gefährlich. Euer Prototyp ist noch etwas klobig, aber dafür sind Prototypen schließlich da.

Die Ausführung ist, wie Ihr schon gesagt habt, vielleicht etwas übertrieben mit dem Hitzeschlucker und dem Hebel." Gavín wollte protestieren, hielt aber den Mund. "Für uns Archäologen ist beides aber eine gute Ergänzung zu unserer eigenen Ausrüstung.

Euer Projektplan weist einige kleinere Schwächen und Hinweise auf, die ausgemerzt werden müssten. In sich ist er schlüssig, aber uns erschien es, als hättet Ihr zwischendurch den Faden verloren und später wieder aufgenommen, gerade in der Erklärung der Funktion und der Kosten."

Halivar fing plötzlich an zu lächeln und streckte Gavín den Prototypen und den Projektplan in der Hülle hin. "Hiermit verkündige ich Euch, dass Ihr in Kombination mit Euren Noten zum Felsenarm ernannt werdet und die Universität Euren Seilzug kauft. Wir werden ihn weitervertreiben und Ihr werdet einen kleinen Teil der Einnahmen bekommen. In den nächsten Tagen kommen wir mit einem Vertrag auf Euch zu.

Schickt Ihr uns den nächsten hinein, bitte?"

Fassungslos schaute Gavín die beiden Gegenstände in den Händen des Meisters an, bis er sich auf Manieren besann und sich rasch verneigte, als er die Hülle und seinen eisernen Seilzug in Empfang nahm. Mit einer weiteren Verbeugung drehte er sich um und stakste hinaus, ließ einen ihm unbekannten Schüler in den Raum.

"Und?" Sillana sprang eilig auf, ergriff seinen Arm. Gavín fühlte sich wie betäubt, konnte noch nicht so recht fassen, wie ihm geschehen war. Sicherlich hatte er darauf hingearbeitet, aber dass es wirklich so gekommen war...

Langsam drehte er den Kopf zu seiner Schwester, versuchte ein Lächeln. "Hol Thabo. Ich...brauche einen Schnaps."

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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